Verbindung vertieft: Wickeder Ratsdelegation erlebte Festtag in Jemielnica

Zwei von drei Deutschen haben das große Nachbarland Polen noch nie besucht. Auch für die Mehrzahl der Wickeder Kommunalpolitiker war der Delegationsbesuch, der jetzt von Dienstag, 30.4., bis Donnerstag 2.5.2019 stattfand, in der (zweisprachigen) Partnergemeinde Jemielnica/Himmelwitz der erste Einblick ins Nachbarland: Bei strahlendem Sonnenschein präsentierte Jemielnicas Bürgermeister Marcin Wycislo (37) seinen Heimatort den Gästen "im besten Licht". Das neunte Zisterzineser-Fest, ein buntes Markttreiben an der großen Klosterkirche, deren Geschichte bis ins 13. Jahrhundert  zurückreicht, begann mit einem festlichen Gottesdienst mit dem Erzbischof von Oppeln, Alfons Nossol, Fanfarenklängen und festlicher Einzugsprozession, den im Kreis zahlreiche polnischer Amtskollegen auch Pator Metten mitzelebrierte. Am Nachmittag gab es einen Spendenlauf und Ritterspiele sowie am frühen Abend Live-Musik zum Abschluss.

Seit dem 1. Mai 2004 gehört Polen zur Europäischen Union. "Diese 15 Jahre haben unser Land, unsere Region und das Leben der Menschen im Großen und Ganzen sehr positiv verändert“, davon zeigten sich Landrat Josef Swazyna und Bürgermeister Marcin Wycislo aus Wickedes Partnergemeinde Jemielnica jetzt überzeugt. Bei einem Empang im Landratsamt erfuhren die Besucher, wie die Aufgaben zwischen Gemeinden und Kreisverwaltung verteilt sind und welche Schwerpunkte in der örtlichen Politik gesetzt werden.

"Noch vor dreißig Jahren fuhren zu jedem Schichtbeginn auf den Zechen im nahen Kattowitzer Kohlerevier acht Busse mit Arbeitskräften aus Jemielnica ab", schilderte Wycislo den Strukturwandel in seiner Gemeinde und Region in Oberschlesien. Heute findet ein Teil der Bevölkerung Arbeit in mittelständischen Handwerksbetrieben am Ort, für andere ist seit dem EU-Beitritt Polens in 2004 Alltag, über die Woche in Deutschland zu arbeiten. "Das ist zum einen eine große Chance, aber für die Familien auch oft eine belastende Situation", erfuhren die Wickeder in den Gespräche mit Wycislo und weiteren Gesprächspartnern, darunter Ortsvorsteherin und Ratsmitglieder. Den Sorgen der Familien widme daher die Kirche, gerade auch der Erzbischof, besondere Aufmerksamkeit in Seelsorge und Sozialarbeit. Auch der Zisterziensermarkt sei extra als großes Familienfest ausgerichtet. Ein Spendenlauf warb dabei unter anderem Sponsorengelder für ein Mutter-Kind-Haus für junge, alleinstehende Frauen ein.

Im Rathaus zeigten Bürgermeister Wycislo und der Gemeineratsvorsitzende Norbert Jaskola, dass sich die waldreiche Gemeinde, die an Fläche fünf mal größer als Wickede ist, mit ihren 7500 Einwohnern freut, gegen den regionalen Trend eine wachsende Einwohnerzahl  zu verzeichnen. Mit einem Neubaugebiet hofft man, in den nächsten Jahren Heimat für zusätzlich 100 Familien zu werden. Die günstige Lage nur zehn Auto- oder Busminuten von der Kreisstadt Groß-Strehlitz und preiswertes Bauland für rund 20 Euro je Quadratmeter machen Jemielnica attraktiv. Damit verbinden sich aber auch Aufgaben für Rat und Verwaltung, die den Wickeder Gästen bekannt vorkamen: Erschließungsstraßen müssen angelegt und finanziert werden, ein neuer Kindergarten  soll den alten ersetzen, um zusätzliche Plätze zu schaffen für mehr Kinder, die schon in jüngeren Jahren und mit längeren Betreuungszeit kommen.
 
Allein dieses Gebäude bedeute eine  Bau-Investition von rund zwei Mio. Euro bei einem Haushalt von rund acht Mio Euro. Darüber hinaus hat die Gemeinde nach langen Diskussionen eine seit langem leerstehende Gaststätte am Markt  gekauft,um daraus ein kleines Kulturzentrum und Bürgerhaus zu machen. Auch von beachtlichem Unternehmermut konnten sich die Wickeder einen Eindruck machen. Drei Mio. Euro investiert der Himmelwitzer Hotelunternehmer Oswald in den ersten Abschnitt eines Seniorenzentrums mit zunächst 60 Zimmern. Lichte Zimmern, weite Gänge, in Kürze ein Schwimmbad und fünf Mahlzeiten am Tag aus der Hotelküche zielen mit Preisen von rund 1300 Euro im Monat weniger auf den polnischen Durchschnittrentner, dem rund 500 Euro zur Verfügung stehen, sondern nicht zuletzt auf deutsche Seniorinnen und Senioren.  

Den Kommunalpolitikern aus beiden Gemeinden und auch Pastor Thomas Metten aus der Katholischen Kirchengemeinde liegt daran, die europäische Verbindung fortzuführen: "Alltagserfahrungen und Ortsgeschichte, die Sorgen der lokalen Politik wie der Fachkräftemangel  und die Themen, die uns in der EU bewegen, wie das Zusammenleben vo Religionen und die Integration von Flüchtlingen und Zuwanderern (in Polen sind bereits eine Million Menschen aus der Ukraine beschäftigt) bieten noch viel Gesprächsstoff", ist Bürgermeister Michalzik überzeugt. Auch der Austausch der Schulen solle auf jeden Fall fortgesetzt werden, war der gemeinsame Wunsch der Delegation und der Schulleitung aus Himmelwitz.

Zum ersten Mal in der Geschichte der Partnerschaft waren in der kleinen Delegation alle fünf Ratsfraktionen mit den Vorsitzenden bzw. die BG mit Ratsmitglied Prünte vertreten. Mitglieder der Wickeder Gruppe waren: Thomas Metten, Pfarrer der Katholischen Kirchengemeinde St. Antonius und St. Vinzenz Wickede (Ruhr); Thomas Fabri, Vorsitzender der CDU-Fraktion im Gemeinderat; Engelbert Gurka, Vorsitzender der Fraktion der SPD im Gemeinderat;  Ilse Prünte, Mitglied der Fraktion Bürgergemeinschaft; Christa Lenz, Vorsitzende der Fraktion Freie Demokratische Partei; Lothar Kemmerzell, Vorsitzender der Fraktion Bündnis 90/Grüne (2 Sitze); Susanne Modler, Leiterin des Fachbereichs Zentrale Dienste, Bildung und Kultur in der Gemeindeverwaltung; Dr.Martin Michalzik, Bürgermeister, und Martina Michalzik.

Impressionen