Die Richter entschieden, dass die bisherigen Grundstückswerte, die in Westdeutschland aus 1964 stammen, völlig veraltet sind. Ein anschauliches Beispiel ist der Phoenixsee in Dortmund. Manches Schmuddelgrundstück am alten Stahlwerk ist heute eine Top-Wohnlage mit Blick auf Segelboote.
Folgen: Neue Wertformeln
Bundes- und Landesbehörden haben nun für Millionen Grundstücke nach neuen Formeln aktuelle Ausgangswerte für künftige Steuern berechnet. Die wurden den Eigentümern zwischenzeitlich übermittelt. Rund 15 Prozent waren nicht einverstanden und legten Widerspruch ein. Doch wie alle Kommunen muss Wickede (Ruhr) die Werte für den kommenden Steuerbescheid 2025 anwenden. Das bereitet politisches Kopfzerbrechen: Die Gesamtsumme soll gleichbleiben, aber die Verschiebungen der Wertgrundlagen können erheblich sein.
Wirkung: Deutliche Verschiebung zwischen Wohnen und Gewerbe
Bisher war die Summe aller Steuer-Basiswerte für Grundstücke mit Einfamilienhaus gleich hoch wie für alle Geschäftsgrundstücke in Wickede (Ruhr). Künftig ist das Wertverhältnis 3:1. Die Formeln, die jetzt als sog. Bundesmodell angewendet werden, bewirken, dass die Grundwerte für Gewerbeflächen deutlich sinken. Das geschieht nicht ganz so stark für Zweifamilienhäuser, Wohneigentum und Mietwohnungshäuser. Einfamilienhäuser bleiben auf altem Niveau.
Das hat Folgen für die Verteilung der Zahlbeträge auf dem Steuerbescheid. 2024 legte die Gemeinde 690 Punkte als Multiplikator auf den Ausgangswert an, um 3 Mio. Euro Grundsteuer einzunehmen. Um denselben Betrag zu erzielen (die sog. ,,Aufkommensneutralität“), hat das Land NRW einen einheitlichen neuen Hebesatz von 953 Punkten für Wickede (Ruhr) berechnet. Im Ergebnis schnitten gewerbliche Grundstücke auch damit preiswerter ab, weil ihr Ausgangswert so stark gefallen ist. Auf der anderen Seite würde es für ein Einfamilienhaus mit 500 Quadratmetern Grundstück im Neubaugebiet rund 15 Euro imMonat mehr bedeuten. Im Einzelfall spielen immer Lage und Bodenrichtwert eine Rolle, aber die Tendenz ist durchgängig.
Ausweg: Neues Gesetz soll Verschiebungen abmildern
Der Landtag hat nun kurzfristig ein Gesetz für unterschiedliche Hebesätze zwischen Gewerbe- und Wohnflächen beschlossen. Die sollen die Lastenverschiebung wieder abschwächen. Rechtsexperten der Kommunen in NRW sahen das kritisch, weil es der Absicht des Bundesverfassungsgerichtes zuwiderlaufe. Neue Rechtsgutachten halten verschiedene Hebesätze aber für machbar.
,,Wenn sich das bestätigt, bin ich dafür, das in Wickede zu nutzen“, so Bürgermeister Martin Michalzik, ,,Unsere Nachbarn in Werl denken in die gleiche Richtung. Die Splittung kann den Anstieg gerade für Ein- und Zweifamilienhäuser deutlich dämpfen. Dass diese Grundstücke grundsätzlich oft werthaltiger als andere Flächen sind, muss man wohl akzeptieren.“ Die Splittung würde einen Hebesatz von 836 (Wohnen) und 1257 Punkten (Andere) auf die neuen Basiswerte bedeuten
,,Jede Erhöhung ist in dieser Zeit unschön. Da tröstet auch der Rückblick nicht, dass diese Anpassung so durch den Gesetzgeber lange aufgeschoben wurde, bis das Gericht Vollzug befahl. Umgekehrt werden Unternehmen genau dies bedauern, weil sie erhebliche Kosten gespart hätten“, so Bürgermeister Martin Michalzik. ,,Eine soziale Staffelung von Grundsteuern geht nicht. Der Wert von zwei gleichen Grundstücken ist gleich, unabhängig, wer dort wohnt“.
Entlastung: Gemeinde setzt Steigerung für Inflationsausgleich aus
Ohne Hebesatzänderung würden im Gemeindebudget 750.000 Euro fehlen. Das lässt sich nicht wegsparen: Alleine die Jugendhilfeumlage an den Kreis Soest steigt 2025 um rund 400.000 Euro.
Die letzte Entscheidung über die Steuer liegt beim Gemeinderat, der darüber bis Dezember beraten wird. Bürgermeister und Gemeindefinanzchef Christian Wiese haben die Ratsmitglieder in einer Tagung ausführlich schon einmal informiert. Auf eine für 2025 vorgesehene Inflationsanpassung der Grundsteuersumme insgesamt um 3 Prozent haben Bürgermeister und Kämmerer schon im Entwurf für den Haushalt verzichtet: ,,Hier halten wir den Betrag aus 2024 stabil, mehr kommt wegen der Reform dieses Mal nicht obenauf, auch wenn die Aufgaben und Ausgaben für uns insgesamt weiter wachsen“.
Was kostet´s? Die eigene Steuer berechnen:
Sie nehmen die Mitteilung des Finanzamtes über denen neuen Grundsteuermessbetrag.
Sie multiplizieren das mit dem möglichen Hebesatz. (953 einheitlich, 836 bzw. 1257 gesplittet)
Sie teilen das Ergebnis durch hundert.
Das ergibt den künftigen Eurobetrag.